Es ist unglaublich, wie viele Alben von hochdekorierten Metal-Bands in diesem Monat veröffentlicht wurden: Slipknot, Blind Guardian, Megadeth, Fallujah, Ozzy Osbourne, Parkway Drive, Bloodbath, Behemoth, oder Stratovarious, um nur die bekanntesten zu nennen. Ich habe natürlich all diese Alben gehört und zu allen auch eine Meinung. Wie so oft waren es aber gar nicht die ganz großen Namen, die mich am meisten begeistert haben, sondern die Bands des Metal-Undergrounds. Wir haben also keine Zeit zu verlieren. Holt euch was zu trinken und macht es euch bequem, hier kommt die geballte Ladung Metal für euch!
1
Man kann es nicht anders ausdrücken: Melissa Moore hat in den letzten Jahren wahnsinnig viel Scheiße erlebt. Seit 2010 war sie Gitarristin der US-amerikanischen Progressive-Black-Metal-Band Absu. 2017 hat sie sich als trans Frau geoutet. Im selben Jahr wurde sie deswegen von ihrer Band rausgeschmissen. Es macht mich sprachlos, wie man einen Menschen so behandeln kann. Moore war also nicht nur in einer herausfordernden Situation wegen ihres öffentlichen Coming-Outs, etwas, das in der Metal-Szene immer noch viel Mut erfordert, sondern hat gleichzeitig ihre Lebensgrundlage verloren. Dabei spielt es keine Rolle, dass Moore eine der besten Metal-Gitarristinnen ist, die es aktuell gibt. Das macht das Ganze aber noch unfassbarer. Obwohl die anderen Mitglieder von Absu wussten, dass sie keinen gleichwertigen Ersatz finden würden, war ihre Transfeindlichkeit größer. Hier Moores Ausführungen, wie der Rausschmiss (via Textnachricht!) ablief.
„’C'mon you are the best guitarist in the world. This is rock history we are making with this album’ I'm literally not making this up. Then I said "And you just fired the person you consider to be the best guitarist in the world for coming out to you as trans. Way to have my back."
Russ [Givens, Sänger, Schlagzeuger und Kopf der Band] replied ‘Absu is about barbarism and mysticism and blah blah blah...There is no place for a woman in this band’ ”
Just wow… Wer mehr über die genauen Umständen wissen will, kann sie hier nachlesen.
Umso beeindruckender ist es, wie Moore jetzt zurückkommt. Kurz nach ihrem Rausschmiss hat sie sich mit dem ehemaligen Absu-Live-Drummer Grzesiek Czapla und Bassist Ben Brand zusammengetan und ein altes Projekt zu neuem Leben erweckt – Sonja. Am 16. September ist das Debüt der Band Loud Arriver erschienen, und oh mein Gott, bin ich froh, dass Moore dieses Projekt begonnen hat. Was wir auf dem Album präsentiert bekommen, ist der beste Heavy Metal, den ich seit Jahren gehört habe. Stilistisch nimmt Sonja alle Einflüsse der New Wave of British Heavy Metal (Judas Priest, Saxon, Iron Maiden) auf, kombiniert sie mit ein bisschen First Wave of Black Metal (Venom) und rundet das Ganze mit einer ordentlichen Prise Gothic und Doom (Celestial Season, Anathema) ab. Dazu kommt eine super rohe Produktion, die gerade bei den Vocals stark auf einen Retro-Sound setzt, und fertig ist ein herausragendes Album. Songs wie Nylon Nights, Fuck, then Die, und Daughter of the Morningstar machen einfach nur Spaß und entwickeln dabei einen sogartigen Tiefgang. Die unglaublich eingängigen, aber nie einfachen Riffs von Moore, ihr sehr etherischer Gesang und das außergewöhnliche Drumming von Czapla, das sich nie in den Vordergrund drängt, harmonieren perfekt. Loud Arriver ist bis zu den Lyrics ein perfektes Metal-Album. Textlich setzt Moore sich dabei mit ihren Erfahrungen als trans Frau auseinander. Am deutlichsten wird das beim Album-Highlight Wanting me Dead.
Priest and preacher wanting me dead // In the congregation's head
Got the doctor wanting me dead // The prescription that I get
Mother and father wanting me dead // Like brother and sister said
Even the mirror wanting me dead // My reflection burning red
Was soll ich noch sagen? Ich liebe das Album! Und unabhängig davon, wie gut es ist, freue ich mich für Melissa Moore, dass sie ein musikalisches Zuhause gefunden hat, in einer sicheren Umgebung, in der sie das machen kann, was sie am besten kann – uns mit ihrem unglaublichen Talent umhauen!
2
Mit Supergroups, also Bands, die aus verschiedenen prominenten Musiker*innen bereits etablierter Bands bestehen, ist das immer so eine Sache. Häufig stehen sich da mächtige Egos gegenüber, die nicht nachgeben können, und die musikalischen Resultate klingen dementsprechend wirr. Anders ist das bei Bloodbath. Die Schweden gehören seit ihrer Gründung zu den besten Classic-Death-Metal-Bands des Planeten und das, obwohl damals mit Mitgliedern von Opeth und Katatonia einige Schwergewichte des Metals an Bord waren. Was auch daran liegt, dass die Gruppe ein klares Ziel hat – dem guten alten Death Metal der 1980er und 1990er ein Denkmal setzen. Und dieses Vorhaben funktioniert seit 20 Jahren so gut, dass die Band selbst zu einer Ikone des Genres geworden ist. Ihr neues und sechstes Studioalbum Survival of the Sickest (VÖ: 09.09.) bietet dabei alles, was jedes Death-Metal-Herz höherschlagen lässt: fette Riffs, tiefe Growls und drückendes Drumming. Natürlich erfindet das Quintett das Rad nicht neu – aber wieso sollte es auch, wenn es stattdessen einen Banger nach dem anderen schreibt. Star der Show ist hier ganz klar der frühere Opeth-Drummer Martin Axenrot. Er verleiht dem Album die nötige Variabilität und zeigt, dass klassischer Death Metal keineswegs stumpf sein muss. Kombiniert mit Nick Holmes‘ (sonst bei Paradise Lost zu Hause) starker Gesangsperformance ist Survival of the Sickest eine absolute Headbang-Garantie und eines der besten Death-Metal-Alben, die ich dieses Jahr gehört habe.
3
Es gibt kaum eine deutsche Metal-Band, die einen so großen Einfluss auf die nationale und internationale Szene hatte wie Blind Guardian. Moderner Power Metal würde ohne die Einflüsse des Krefelder Quartetts sicherlich nicht so klingen, wie wir ihn kennen. Ich bin gewiss nicht der Einzige, für den die Mannen um Sänger Hansi Kürsch eine der Einstiegsluken in den Metal waren. Tales from the Twilight World oder Nightfall in Middle-Earth sind unbestrittene Genreklassiker. Umso schöner ist es, wenn eine Band wie Blind Guardian mich auch nach über 30 Jahren Bandhistorie noch überraschen kann. Das liegt nicht daran, dass sie auf ihrem 12. Studioalbum The God Machine (VÖ: 02.09.) etwas radikal Neues machen würden, sondern vielmehr daran, dass sie sich auf ihre Wurzeln besinnen. Dominierte in den letzten Jahren der Hang zur cineastischen und orchestralen Theatralik, ist der Sound auf der neuen Platte auf das Wesentliche reduziert – melodiöser, zielstrebiger Power Metal, dem Hansi Kürschs Stimme das gewisse Extra verleiht. Dazu kann man sich bei Blind Guardian auch immer darauf verlassen, dass an Fantasyliteratur interessierte Personen auf ihre Kosten kommen. Dieses Mal lässt sich die Band unter anderem von Neil Gaimans American Gods (Secrets of the American Gods), Andrzej Sapkowski Witcher-Reihe (Blood of the Elves), oder Der Name des Windes von Patrick Rothfuss (Damnation) inspirieren. So steht am Ende ein klassisches, leicht nostalgisches, aber nie unzeitgemäßes Power-Metal-Album, das mir große Freude bereitet.
4 & 5
Okay, buckel up! Weil so viele neue Musik im September veröffentlich wurde, über die es sich zu reden lohnt, gibt es meine Meinung im Schnelldurchlauf. Im ersten Teil gucken wir uns die Neuveröffentlichungen der bekannten Bands an, und danach werfen wir einen Blick auf das, was außerhalb des Blitzlichts erschienen ist.
Eine der erfolgreichsten Metal-Bands der vergangenen Jahre sind die Australier von Parkway Drive. Vor allem ihre Liveshows haben einen ausgezeichneten Ruf. Am 9. September erschien ihr neues Album Darker Still und das ist irgendwie sehr – langweilig. Es wiederholt einfach alles, was die Band auf dem Vorgänger Reverence gemacht hat, nur belangloser. Zumindest ein paar Songs sind aber drauf, die Spaß machen (z.B. Glitch). Viel Beachtung und Lob hat das neue Album der US-amerikanischen Thrash-Metal-Legenden Megadeth bekommen. The Sick, the Dying and the Dead war für viele Kritiker*innen seit Ewigkeiten das beste Album der Gruppe um Dave Mustaine. Mich lässt allerdings auch diese Veröffentlichung der Band kalt. Das ist vorhersehbarer und generischer Thrash Metal, der großen Fans des Genres vielleicht gefällt, mich aber eher wegdämmern lässt. Die besten Tage liegen einfach hinter der Band.
Gleiches gilt auch für Ozzy Osbourne. Der Prince of Darkness und Black-Sabbath-Frontman hat auf seinem 13. Soloalbum Patient Number 9 einige der bekanntesten Gitarristen der Metal-Welt versammelt (Tony Iommi, Zakk Wylde, Jeff Beck), um die Gitarrenarbeit zu übernehmen. Das hat die Platte auch dringend nötig, denn weder Ozzys Stimme noch das Songwriting sind up to date. Aber durch die geballte Prominenz an den Gitarrensaiten gibt es immerhin einige nette Riffs, zu denen man mit dem Kopf nicken kann. Und auch die vierte große Nummer hat kein Highlight der eigenen Diskografie hingelegt. Die Polen von Behemoth, berühmt-berüchtigt für ihren intensiven Blackened Death Metal und für viele eine der besten Metal-Bands des 21. Jahrhunderts, haben auf ihrem 12. Album Opvs Contra Natvram alles gemacht, was sie auch auf ihrem letzten Alben gemacht haben – nur schlechter. Dabei ist kein an sich schlechtes Album herausgekommen, aber ich höre da lieber Evangelion (2009) oder The Satanist (2014).
Es gab mal eine Zeit, als die Finnen von Stratovarius die wichtigste Power-Metal-Band Europas waren. Lang, lang ist‘s her. Wieso das Quintett diesen Status eingebüßt hat, zeigt das neue Album Survive perfekt. Das ist alles guter, anständiger Power Metal europäischer Schule, aber das hat man halt schon tausendmal gehört, und es gibt Dutzende Bands, die das inzwischen besser machen.
Abseits dieser großen Bands haben auch viele Gruppen, die ganz so bekannt sind, Alben veröffentlicht, über die ich kurz ein paar Worte verlieren will. Die Portugiesen von Gaerea legen mit dem atmosphärischen und super dichten Mirage eines der besten Black-Metal-Alben des gesamten Jahres vor. Dabei zeigt die Gruppe, dass es möglich ist, die Klischees und Altlasten des norwegischen Black Metals abzulegen und mit frischen, packenden Ansätzen in die Zukunft zu gehen. Nachdem die Technic-Death-Metaler Fallujah für ihr letztes Album Undying Light viel Hate abbekommen habe (gerade wegen der katastrophalen Produktion), haben sie auf ihrem neuen Album Empyrean viel richtig gemacht. Ein packendes, kleines Stück Technical Death Metal, das sich immer wieder in symphonische und melodische Territorien vorwagt.
Ähnlich lässt sich auch Wolfheart beschreiben. Die Finnen sind für ihren eiskalten Melodic Death Metal bekannt, bewegen sich aber auf ihrem neuen Album King of the North aus ihrer Komfortzone heraus und integrieren erstmals Klargesang in ihre Songs. Große Empfehlung für alle, die skandinavischen Melodic Death Metal so lieben wie ich. Und last but not least eine Band, deren neues Album von vielen als eines der besten des Jahres geadelt wird. Die Rede ist von Revocation und Netherheaven. Revocation ist die Band von Mastermind David Davidson und im Technical Death Metal zu Hause. Und eigentlich sollte ich die Band von ihrer Beschreibung her lieben: anspruchsvoller technischer Death Metal mit einigen melodischen Einschüben. Ich kann nicht mal sagen, wieso es nie richtig geklickt hat. Auch ihr Album Netherheaven geht an mir nur mit einem Schulterzucken vorbei. Das ist super gut gemachter, anspruchsvoller moderner Death Metal, aber mich berührt das irgendwie nicht. Außerdem finde ich auch die Dante-Metapher, auf die das Album aufbaut, einfach ausgelutscht.
6
Muss ich Slipknot vorstellen? Selbst wenn man sich nicht direkt für Metal interessiert, dann ist man in den vergangenen zwanzig Jahren nicht an der Band aus den USA vorbeigekommen, die für ihre Bühnenperformance und den extrovertierten Masken berühmt geworden ist. Ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, dass es in der Musikgeschichte keine extremere Band gibt, die so erfolgreich ist wie Slipknot. Die Band hat 30 Millionen Alben verkauft, ohne ihren chaotischen, Rhythmus-getriebenen Sound in besonderem Maß an ein breiteres Publikum anzupassen oder Geschweige denn radiotauglich zu machen. Ich persönlich hatte immer ein etwas schwieriges Verhältnis zu der Band und würde mich nicht als Fan bezeichnen. Speziell ihr 2019er Album We Are Not Your Kind fand ich sogar ziemlich schlecht, mit seinem prätentiösen Stil und seiner aufgesetzt wirkenden Theatralik. Was ich sagen will – ich bin ohne große Erwartungen an ihr neues, siebtes Album The End, So Far (VÖ: 30.09.) rangegangen. Und nachdem ich den Freitag damit verbracht habe, die Platte rauf und runter zu hören kann ich voller Selbstbewusstsein sagen: Ich bin angenehm überrascht.
Das Album beginnt direkt mit einer dicken Überraschung. Adderall eröffnet nicht mit einem Knall, sondern mit einem Flüstern. Elektronische Melodien, dezente Pianotöne und Corey Taylors Stimme, die sich sanft und fast verletzlich über den Klangteppich legt, bestimmen die ersten fünf Minuten von The End, So Far. Der Song erinnert mehr an einen Indie- oder Progressive-Rock-Song als an den Alternative Metal der Amis. Erst nach diesem Curveball besinnen sich Slipknot auf das Wesentliche und bedienen mit den nächsten Songs ihre Stammkundschaft. The Dying Song und The Chapeltown Rag sind klassische Alternative Metal Brecher, die sich hier mal am Groove-Metal- und da am Nu-Metal-Baukasten bedienen. Diese ersten drei Songs stehen exemplarisch für die Stärke des Albums. Slipknot sind experimentierfreudig, ohne das zu vernachlässigen was sie am besten können. Es gibt zahlreiche Lieder, die die Band außerhalb ihrer Komfortzone zeigt (Acidic oder Da Sade), genauso wie sich klassische Slipknot-Brecher auf dem Album finden (Warranty oder H377). Diesen Spagat meistert die Band auf beeindruckende Art und Weise ohne je ihren Fokus zu verlieren. Apropos beeindruckend, Corey Taylors Gesangsleistung ist phänomenal! Er ist und bleibt einer der besten Sänger die das Genre je gesehen hat. Das Album endet dann wie es begonnen hat. Wie Adderell zeigt Finale die nachdenkliche und ruhige Seite der Band und schließt die melancholische Klammer um The End, So Far.
Das soll aber nicht heißen, dass alles an diesem Album gelungen ist. 57 Minuten sind eindeutig zu viel des Guten und die Band hätte gut daran getan 10, 12 Minuten zu streichen. Und auch die Lyrics sind teilweise purer Boomer-Cringe. Wenn Corey Taylor sich beispielsweise über die Cancel Culture in den sozialen Medien aufregt, bekomme ich nervöse Gesichtszuckungen.
„Read all about it if you want to know // Read all about what they want you to know // Everything is God online, and it's as evil as it gets // This is not a fuckin' trick, either follow or repent (no choice)”
Alles in allem ist Slipknot mit The End, So Far aber ein vielseitiges Album gelungen, dass für die unterschiedlichsten Geschmäcker etwas bereithält. Außerdem hat es mich ein Stückweit mit der Band versöhnt, und das ist etwas, was ich nicht mehr erwartet hätte.
7
Das Schönste an der Arbeit an diesem Newsletter sind die Momente, in denen ich mich selbst überrasche. Obwohl der Monat so vollgepackt war mit einigen der größten Metal-Bands des Planeten, ist eins meiner Highlights ein Album einer Band, die ich vor ein paar Wochen noch gar nicht kannte. Dimensional Bleed, das vierte Album der US-Amerikaner Holy Fawn, hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen. Das Grundgerüst stellt eine Mischung aus Doom Metal und Shoegaze da. Hier geht es nicht um einzelne Songs oder Hooks zum Mitsingen, sondern um das Ambiente und die Atmosphäre. Meistens dominieren sanfter Gesang und träumerische Gitarrenläufe. Das Album fließt wie ein einzelner, langer Song dahin und schwankt zwischen schwerer Melancholie und hoffnungsvoller Leichtigkeit. Emotional ist das Albums das Unvorhersehbarste, das ich dieses Jahr gehört habe. Dazu beweist das Quartett um Sänger und Gitarrist Ryan Osterman ein unglaubliches Gespür für Songwriting. Immer wenn das Album Gefahr läuft, ein wenig monoton zu werden, gibt es ein Highlight: Hier ein elektronisches Element, dort ein kathartischer Extreme-Metal-Scream. Vor allem die Screams sind wohl dosiert eingesetzt. Immer wieder steigern sich die Songs zu diesen kurzen, ekstatischen Höhepunkten und können so ihre volle Wirkung entfalten. Dimensional Bleed ist ein hochintensives Hörerlebnis und wird mich noch lange begleiten.
8
Ich hatte den August ja zum skandinavischen Melodic-Death-Metal-Monat ausgerufen, weil Soilwork, Arch Enemy, The Halo Effect und Amon Amarth allesamt neue Alben veröffentlicht haben. Eine Band, die perfekt in diese Liste gepasst hätte, sind die Finnen von Brymir! Ich muss gestehen, bis zu ihrem aktuellen, vierten Album Voices in the Sky (VÖ: 26.08.) kannte ich die Band noch gar nicht und ich bin heilfroh, dass sich das geändert hat. Die Band setzt sich von der Flut an Melo-Death-Bands ab, indem sie den Spaßfaktor auf das Maximum dreht. Die Songs gehen immer nach vorne, werden von catchy Keyboardmelodien, Chören und symphonischen Elementen begleitet und schrecken auch nicht davor zurück, sich mal in der Folk-Metal-Ecke zu bedienen. Das Album hat mich in allen Belangen positiv überrascht und bietet 50 Minuten puren Hörspaß. Alle, die mit den oben genannten Bands etwas anfangen können, sollten unbedingt auch Brymir eine Chance geben.
9
Wie sehr darf eine Band nach Judas Priest klingen, bevor die Grenze zum Plagiat überschritten ist? Die Frage habe ich mir gestellt, als ich das zweite Album Dreamkiller der US-amerikanischen Heavy-Metal-Band Summerlands zum ersten Mal gehört habe. Ich meine, Force of a Storm klingt in seinen ersten Moment einfach wie eine Turbo-Lover-Cover. Bereits beim zweiten Durchlauf wurde mir aber klar: Hier wissen die Musiker genau, was sie tun. Sie zitieren ihre großen Vorbilder der 1970er und 1980er zwar permanent, werden aber nie zur bloßen Coverband. So geht auch Force of a Storm bald eigene Wege und liefert einen perfekten Refrain zum enthusiastischem Mitgrölen. Das Quintett, das neben der Musik auch ein Großteil der Produktion selbst erledigt (dank Gitarrist Artur Rizk, der auch ein angesehener Produzent des Genres ist), gehört zu den klügsten Bands der immer noch anhaltenden New Wave of Tradition Heavy Metal. Jeder Song hat kleine Momente, die ihm etwas Eigenständiges verleihen und eindeutig im Summerlands-Universum verorten, sei es ein Effekt auf den Vocals, ein packendes Solo oder eine prominente Bassline. Dreamkiller ist genau das vor Energie strotzende Album, das ich gebraucht habe, um den Sommer zumindest musikalisch etwas zu verlängern.
10 [CN Tod]
Zum Abschluss noch etwas Trauriges. Der langjährige Soilwork- und Night-Flight-Orchestra-Gitarrist David Andersson ist mit gerade einmal 47 Jahren verstorben. Andersson gehörte zu den Gitarristen, die es verstanden haben, dass sich Härte und eingängige Melodien nicht ausschließen müssen. Sein Beitrag zu der Entwicklung von Soilwork in den vergangenen Jahren hin zu einem progressiveren und gleichzeitig eingängigeren Sound, ist gar nicht hoch genug zu bewerten. Die Band hat geschrieben, dass er dem Alkohol und seiner psychischen Erkrankung erlegen sei. An dieser Stelle bleibt nichts zu sagen als: Ruhe in Frieden, du wirst sehr fehlen.