Der August war irgendwie ein seltsamer Monat, was Neuerscheinungen angeht. Es gibt zwar nur eine knappe Handvoll, die mir wirklich gefallen, aber Holla die Waldfee, die die mir gefallen, haben es dafür auch in sich. Vor allem die großen Namen und bekannten Bands haben mal richtig geliefert. Allerdings gab es dann auch die Absagen der gemeinsamen Europa Tour von Arch Enemy, Behemoth und Carcass (Oktober bis November) und des Wacken Ersatzfestivals im September, und ich befürchte jetzt, dass alle Touren 2021 den Bach runter gehen. Ändern kann ich es ja sowieso nicht und deswegen wollen wir uns lieber auf die schönen Dinge konzentrieren – Neue Musik! Natürlich gilt auch dieses Mal wieder, wenn euch der Newsletter gefällt, freue ich mich sehr, wenn ihr ihn teilt und Feedback ist sowieso immer willkommen. Viel Spaß beim Lesen!
1
Ich hätte das vielleicht schon viel früher sagen sollen, aber besser spät als nie, oder? Wenn euch Bands gefallen, die ich hier vorstelle, dann wäre es das Schönste für mich, wenn ihr diese Bands auch unterstützt. Ich weiß, ich weiß, Spotify (oder Apple Music, oder Deezer, oder YouTube, oder oder oder…) sind bequem, und ich selbst nutze natürlich auch diese Streamingplattformen. Um neue Bands kennen zu lernen, ist das einfach eine angenehme, barrierefreie Möglichkeit, aber wenn ihr eine Band wirklich mögt, dann gibt es andere (bessere) Arten sie zu unterstützen. Allen voran ist da Bandcamp zu nennen. Auf dieser Plattform haben Bands die Möglichkeit ihre Musik zu promoten und Merchandise und Albums (physisch und digital) zu verkaufen. Was vor allem für viel kleinere Underground Bands, die keinen eigenen Onlineshop haben, eine wichtige Möglichkeit ist Geld mit ihrer Kunst zu verdienen. Gerade am sogenannten Bandcamp-Friday (dem ersten Freitag im Monat) verzichtet die Plattform auf alle Gebühren und der Umsatz geht direkt an die Künstler*innen. Viele Bands bieten gerade bei den digitalen Versionen ihrer Alben auch eine „pay as much as you can“ Option an, sodass man sie auch mit kleinen Beiträgen unterstützen kann. Wenn ihr also etwas Geld übrighabt, dann könnt ihr so einfach und direkt Musiker*innen unterstützen, die durch den Wegfall fast aller Konzerte sowieso auf den größten Teil ihres Einkommens verzichten müssen. (Wahlweise haben häufig auch die Labels der Bands einen eigenen Shop.)
2 & 3
Wir haben das Jahr 2007. Ausgehend vom New Metal haben sich in den letzten Jahren der Metalcore und die New Wave of American Heavy zu den erfolgreichsten Metal Subgenres gemausert, als eine Band aus North Carolina sich anschickt ihre Metalcore Vergangenheit hinter sich zu lassen und eines der inzwischen legendärsten Progressive Metal Alben aller Zeiten zu schreiben. Die Band? Between the Buried and Me (oder kurz BTBAM). Das Album? Colors.
14 Jahren später sind BTBAM eine der erfolgreichsten und einflussreichsten Progressive Metal Bands aller Zeiten und haben beschlossen noch einmal zu dem Album zurückzukehren, dass sie zu den Künstlern gemacht hat, die sie heute sind. So ist am 20. August also Colors II erschienen und die große Frage ist – kann eine Fortsetzung eines so legendären Albums überhaupt funktionieren? Die Skepsis war in der Szene wahrscheinlich lange genauso groß, wie die Vorfreude. Zumal die letzten Alben von BTBAM (Automata I & II von 2018 und Coma Ecliptic von 2015) eher auf gemischte Reaktionen gestoßen sind. Ich meine, man stelle sich vor, Metallica würden ankündigen eine Fortsetzung zu ihrem Black Album zu schreiben. Diesen Erfolg zu wiederholen ist eigentlich unmöglich. Bevor wir aber tiefer in das Album eintauchen und um diese kleine Einführung in die Geschichte von BTBAM und Colors II abzuschließen, sage ich nur so viel: Between the Buried and Me ist etwas gelungen, das ich kaum für möglich gehalten haben. Sie haben nicht nur eine ebenbürtige Fortsetzung zu Colors geschrieben, sondern das Original sogar übertroffen.
Was ist jetzt das Spezielle an dem Sound des Quintetts? BTBAM waren schon immer eine der experimentierfreudigsten Progressive Metal Bands, die so unterwegs sind. Sie haben auch noch nie davor zurückgeschreckt, Elemente in ihre Musik zu integrieren, die man im Metal vielleicht nicht erwarten würden. Aber auf Colors II haben sie alles, was sie bisher ausgemacht hat, noch einmal gesteigert. In das Progressive Metal Fundament werden die unterschiedlichsten Elemente eingeflochten. Da sind die harten Death Metal Passagen aus The Double Helix of Extinction, die Carlos Santana-esken Latin Rock Parts in Revolution in Limbo, Mittelalter und Irish-Folk Elemente in Never Seen/ Future Shock, Elektro Beats in Turbulent, oder die Cartoon- und Comic-Soundeffekte in Fix the Error und Prehistory. Was hier so eklektisch und etwas unwillkürlich nebeneinandergestellt wirkt, das bringen Between the Buried and Me in einen konsistenten Rahmen und verbinden diese zahlreichen Stile zu einem einmaligen und in sich stimmigen Gesamtwerk. Dabei wirkt das Album phasenweise, wie ein großer Song, ohne dass die einzelnen Stücke dadurch an Eingängigkeit verlieren. Hier schaffen BTBAM die Quadratur des Kreises, in dem sie ein 80 Minuten Epos so aufregend und interessant gestalten, dass es jederzeit packend und fesselnd ist, die Hörenden aber auch beim zehnten Durchlauf noch Neues entdecken können. Einzelne Songs hervorzuheben, fällt mir ehrlich gesagt ziemlich schwer. Aber gerade das cartoonartige Fix the Error oder die Prog-Monster Revolution in Limbo und Never Seen/ Future Shock sind herausragende Stücke. Nicht zu vergessen das monumentale Human is Hell (Another One with Love), das als 15-minütiger Rausschmeißer für ein großes Highlight zum Ende sorgt. Auch gelingt es BTBAM perfekt die Waage zwischen Eingängigkeit und Härte zu wahren. Colors II bietet nicht nur einige der fettesten Breakdowns die ich 2021 gehört habe (da kommt die alte Metalcore Schule durch), sondern auch reihenweise Refrains mit Ohrwurm Garantie (Revolution in Limbo oder The Future is Behind Us).
Bei allem was ich jetzt beschrieben haben, sind wir noch nicht mal bei zwei weiteren Aspekten, die das Album von einem großartigen zu einem echten Meisterwerk machen. Da wären zunächst die Lyrics, von denen die Band selbst sagt, dass sie in der Isolation und Hoffnungslosigkeit der Pandemie entstanden sind. Besonders Revolution in Limbo bringt dieses Gefühl, dass ich die letzten eineinhalb Jahre nicht richtig gelebt, sondern bloß existiert habe, so perfekt auf den Punkt, wie ich es bisher noch nicht gehört habe.
We didn't live (we didn't live) // We only existed // Undo the worker (undo the worker) // The corporate vice turned inside out // Exposed for what it truly is // The horizon has just met the sun // The days and nights have folded into one
Sänger und Texter Tommy Giles Roger (der wie alle beteiligten Musiker einen fantastischen Job macht) schafft aber mehr als eine bloße Gegenwartsbewältigung. Er verbindet mit seinen Lyrics auch das originale Colors und dessen Fortsetzung. Direkt die ersten Sätze des Albums in Monochrome nehmen uns Hörer*innen an die Hand und machen deutlich, dass auch wir eine Verantwortung in diesem Werk haben.
I'm not the writer // It's you // For I'm drenched in error and silhouettes // We've been on this same page before // Together, Forever, Together as one
Darin liegt vielleicht die größte Leistung des Quintetts. Sie haben Colors II in Struktur und Herangehensweise so dicht an dem Original gestaltet (von dem Piano-Intro, bis hin zum letzten Song, der auf beiden Platten jeweils der längste des Albums ist), wie es nur geht, ohne zur billigen Kopie zu werden. Die Zitate an Colors sind allgegenwärtig, aber werden nie zum reinen nostalgischen Selbstzweck, sondern sorgen dafür, dass das neue Material eigenartig losgelöst über der Zeit zu schweben scheint. Wenn ihr die Zeit habt, kann ich euch nur empfehlen zuerst das Original zu hören.
Wer diesen Newsletter regelmäßig liest, kennt meine Fähigkeit zur bedingungslosen Ekstase und Euphorie, wenn ich ein Album und eine Band wirklich mag. Dennoch glaube ich, mit aller mir zur Verfügung stehenden Objektivität, dass Between the Buried and Me mit Colors II nicht nur eines der besten Alben dieses Jahres aufgenommen haben, sondern eines der besten Prog Metal Alben das ich je gehört habe. Ich kann es kaum erwarten dieses monumentale Werk auf der Bühne zu sehen.
4 & 5
Der kometenhafte Aufstieg der Progressive Groove Metal Band Jinjer in den vergangenen fünf, sechs Jahren ist schon eine außergewöhnliche Erfolgsstory. Quasi über Nacht wurden die Ukrainer*innen, die während des Kriegs in der Ost-Ukraine ihrer Heimat Donezk verlassen mussten, durch das Video zu ihrem Song Pisces zu absoluten Metal Superstars (2017). Darin zeigt Frontfrau Tatiana Shmailyuk ihre gesamte Vocal-Range. Vor allem für nicht Metalfans ist der Übergang des zarten Klargesangs zu ihren tiefen Death Metal Growls ein Schock. So hat das Video nicht nur über 50 Millionen Klicks, sondern gefühlt existieren ebenso viele Reaction-Videos von Menschen, die das Lied das erste Mal hören.
Am 27. August hat das Quartett nun ihr viertes Studioalbum Wallflower veröffentlicht und die Erwartungshaltung nach dem Sensationserfolg von Micro (EP) und Macro (LP) aus 2019 war gigantisch. Was sich in den ersten beiden Singles (Vortex und Mediator) bereits angekündigt hat, setzt sich auf dem Album nahtlos fort. Das Grundgerüst ihres Sounds verändert das Quartett nicht. Dieses besteht weiter aus progressiven Songstrukturen, hartem Djent-Riffing und viel Raum für die Vocals. Allerdings wirkt das alles auf Wallflower fokussierter, kompakter und aggressiver als auf den letzten Veröffentlichungen. Wo auf den letzten Alben bspw. Jazz-Interludes und Reggae-Beats eingestreut wurden, ist die neue Platte direkter (ohne einfach zu sein). Die Band reizt Tatiana Shmailyuks gesamte stimmliche Bandbreite aus (die tiefen Growls in Collosus sind die heftigsten, die ich von ihr gehört habe). So bietet das Album zwar die beste Vocalperformance der Band, aber Jinjer deswegen als One-Trick-Pony abzuschreiben (wie es gerne getan wird) wäre ein großer Fehler. Vor allem Drummer Vladi Ulasevich und Bassist Eugene Abdukhanov liefern absolut Höchstleistungen. Sie verleihen Songs wie Copycat, Colossus oder Dead Hands Feel No Pain ihre eingängigen Grooves und Härte. Ein großes Plus von Wallflower ist auch die Struktur des Albums. Immer wenn sich bei mir das Gefühl eingeschlichen hat, jetzt wird es etwas monoton, bricht die Band ihren Sound etwas auf (wie mit dem Nu-Metal angehauchten Disclosure, oder dem wunderschönen, intensiven Titeltrack Wallflower, der sich nicht vor Pisces verstecken muss). Zum Ende hin haut die Band dann mit Mediator nochmal ein absolutes Monster raus, sodass ich das Album mit einem dicken Grinsen verlassen habe. Wallflower kommt vielleicht nicht ganz an den Doppelschlag Micro/Macro ran, dazu fehlen mir diese verspielten Elemente, die diese Veröffentlichungen mit sich brachten. Das heißt aber nicht, dass es sich hierbei um ein schlechtes Album handelt. Wallflower ist intensiver, düsterer und fokussierter als alles was die Band bisher gemacht hat. Ein so aggressives Album an dem Punkt ihrer Karriere herauszubringen, zeugt von einer Menge Mut und Entschlossenheit. Auch deswegen scheint der Weg an die Spitze des Metal Olymps unaufhaltsam (und hoch verdient) vorgezeichnet zu sein.
6
Die Progressive Metal Kombo Leprous gehört seit Jahren zu meinen absoluten Lieblingsbands (mir fällt gerade auf, dass es ziemlich viel Prog im August gab, das ist wohl die Entschädigung für das sehr dürftige Progressive-Metal-Jahr 2021 bisher). Wie viele ihrer großen Genrekolleg*innen (bspw. Opeth, Baroness, Mastodon) haben auch die Norweger in den letzten Jahren, die Extreme Metal Elemente, die ihren Sound lange maßgeblich mitprägten, zurückgeschraubt. Stattdessen stehen spätestens seit dem 2019er Langspieler Pitfalls komplexe progressive Rock und Metal Kompositionen vermehrt im Vordergrund. Diesen Weg geht das Quintett auch auf dem neuen Album Aphelion konsequent weiter (Aphelion beschreibt den Punkt, an dem die Erde am weitesten von der Sonne entfernt ist, VÖ: 27.08.). Leprous sind die Meister des Genres, wenn es darum geht bedrückende und packende Atmosphären auf ihren Alben auszubreiten. Das liegt zum einen an den wirklich außergewöhnlichen Songwriter Qualitäten der Gruppe, und zum anderen an der unfassbar charismatischen Stimme von Sänger Einar Solberg (der sich am besten mit einer Metal Version von A-ha Sänger Morten Harket vergleichen lässt). Aphelion ist melancholisch, ohne hoffnungslos zu sein, ruhig, ohne soft zu werden. Es dominieren zwar klassische Prog-Rock Arrangements die zehn Songs (immer wieder mit Keyboard und Synthesizer Untermalung), wodurch die einzelnen Metal-Ausbrüche umso intensiver wirken (exemplarisch dafür ist der Song Hold On, mit seinem großen, emotionalen Ausbruch in der Mitte). Auch wenn das Album dass vielleicht zurückhaltendste der Bandgeschichte ist, macht es das nicht zu einem schlechten – ganz im Gegenteil. Es wirkt als hätte Leprous hier alle Freiheiten der Welt genutzt und ohne Erwartungsdruck einfach tolle Musik geschrieben. Songs wie das stimmungsvolle Running Low (mit seinen Streichern und diesem super Refrain), Silent Revelation (mit diesem unverschämt gutem Auftakt-Riff) oder der Rausschmeißer Nighttime Disguise (das die gesamte Vocal-Range von Solberg hervorhebt und der in einem Livestream teilweise mit den Fans gemeinsam geschrieben wurde – wie cool ist das?) gehört zum Besten was die Band je geschrieben hat. So bin ich als Fan auch von Studioalbum Nummer 7 hin und weg. Und für alle die noch einen Soundtrack für den Herbst suchen, oder sich einfach in Leprous Diskografie reinfinden wollen, ist Aphelion eine ganz große Empfehlung von mir!
7 & 8
Ich muss mich beim Juli entschuldigen! Ich hatte ja im letzten Newsletter behauptet, dass in diesem Monat kaum gute Musik veröffentlicht wurde. Naja, da hatte ich nicht mit dem 30.07 gerechnet. An diesem Tag kamen vier unfassbar gute und unterhaltsame Alben raus, die ich vorher allesamt nicht auf dem Schirm hatte. Zwei davon möchte ich nun also noch einmal ausgiebig würdigen (die anderen Beiden findet ihr unten).
Da haben wir zunächst Celestial Blues, das zweite Studioalbum der US-Amerikanischen Band King Woman. King Woman ist eines der vielen Projekte von Singer-Songwriterin Kristina Esfandiari, worin sie zeigt, wie gut ihr auch das Metal Gewand steht. Auf Celestial Blues verbindet sie mit ihrer Band auf geschickte Weise Doom Metal, Gothic Rock und Singer Songwriter Elemente. Daraus entsteht ein Sound der intensiv und bedrückend ist und vor allem emotional eine Menge von den Hörenden abverlangt. (Das gilt insbesondere für Lyrics, in denen sich Esfandiari immer wieder mit Gewalterfahrungen auseinandersetzt, die sie bspw. in Beziehung gemacht hat). Musikalisch lässt King Woman dabei immer wieder Esfandiaris Stimme den Raum sich zu entfalten. Diese changiert zwischen gehauchten, fast geflüsterten Passagen und großen emotionalen Ausbrüchen. Wer die Alben von Künstlerinnen wie Chelsea Wolfe, Emma Ruth Randle oder auch Lingua Ignota (siehe unten) mag, diejenigen werden sicher auch an dem melancholischen Soundnebel von King Woman Gefallen finden.
Das zweite verspätete Juli Highlight ist das fünfte Album der deutschen Post Metal Band Lantlos (früher als Lantlôs unterwegs). Wildhund ist das erste Album der Band seit über 7 Jahren. Ursprünglich war die Band um Mastermind, Sänger und Gitarrist Markus „Herbst“ Siegenhort für ihre Mischung aus Black-Metal und Shoegaze (dem sogenannten Black Gaze, der die Aggressivität des Black Metals mit den träumerischen Melodiewänden des Shoegaze verbindet) bekannt. In den 2000ern hat die Gruppe aus Nordrhein-Westfalen mit den Alben Agape und .neon absolute Klassiker dieses Subenres geschrieben. Auf der neuen Platte setzen Lantlos nun den Trend ihres letzten Langspielers Melting Sun hin zum Post Metal fort. Die früher so prägnanten Black Metal Elemente sind vollständig verschwunden und überlassen den großen Post Metal Melodien die Bühne. Wildhund tut diese Entwicklung sichtlich gut. Die Melodien und Songs wirken vordergründig beschwingt und vermitteln (zumindest mir) fast ein wenig das Gefühl eines sonnigen Wochenendes im Ferienlager als Teenager. Es ist nicht zuletzt Herbsts sanfte, schöne Stimme, die zu diesem Eindruck beiträgt. Je länger ich das Album jedoch gehört habe, desto mehr bekam ich den Eindruck, dass irgendwas nicht stimmt. Unter den scheinbar so fröhlichen Songs schwingt immer auch etwas Bedrohliches mit, dadurch entsteht eine Spannung, die mich beim Hören nicht mehr losgelassen hat. Das wird besonders im Opener Lake Fantasy und dem epischen Dog in the Wild deutlich. Ich weiß nicht genau wie Lantlos das schaffen, aber zumindest für mich war Wildhund genau deswegen eine äußerst intensive Hörerfahrung. Hier treffen sich dann auch die Alben von King Woman und Lantlos – beide Bands schaffen es die Hörenden auf ganz spezielle emotionale Art und Weise zu fordern und ich wette, beide Alben lassen sehr viele unterschiedliche Hörerlebnisse zu.
9
CN Alkoholismus
Es gab diesen Monat wirklich extrem wenige vernünftige Heavy Metal Veröffentlichungen und so habe ich mich kurzerhand dazu entschlossen, euch einfach die neuste EP Forge Your Future der US-Amerikaner Spirit Adrift ans Herz zu legen (VÖ: 27.08.). Das Quartett aus Arizona ist nicht nur eine der spannendsten jungen Heavy Metal Bands, sondern auch ein perfektes Beispiel, dass Musik nicht nur unterhalten, sondern auch therapeutische Wirkung haben kann. Es ist nicht zu weit hergeholt zu behaupten, dass Spirit Adrift der Grund ist, aus dem Nate Garret (Gesang, Gitarre), Gründer und Kreativkopf der Band, sein Leben um 180 Grad drehen konnte.
"There were two things in my early life that made me feel OK. The first one was hearing Black Sabbath for the first time. The second one was getting drunk the first time. And I remember both of those things vividly to this day, […] Fast-forward, one of those things very nearly fucking killed me, and one of them didn't. So I just kind of stuck with the one that didn't, you know?" (Das gesamte Interview findet ihr hier.)
Der Kampf gegen den Alkoholismus gab schlussendlich auch den Anstoß, dass Garret 2020 seine eigentliche Stammband (die Death Metaller Gatecreeper, siehe bspw. den Januar Newsletter) verließ, um sich ganz auf sein Herzensprojekt zu konzentrieren. Ganz nebenbei gehören die Amis auch zu den absoluten Arbeitstieren im Metal. Seit 2016 haben Spirit Adrift vier Alben und drei Eps veröffentlicht Wo andere Künstler*innen bei so einer Veröffentlichungsgeschwindigkeit eventuell an Kreativität einbüßen würden und sich nur noch wiederholen, werden die Outputs von Spirit Adrift von Mal zu Mal besser. Im Herzen des Sounds steht traditioneller Heavy Metal, der immer wieder die großen Bands des Genres zitiert (Ozzy Osbourne, Judas Priest und Iron Maiden standen mehr als einmal Pate). Wo gerade auf den ersten Alben (zumindest bei mir) immer mal wieder der Eindruck entstand, dass Spirit Adrift etwas zu dicht an dem Sound ihrer Vorbilder sind, hat sich die Eigenständigkeit der Band von Mal zu Mal erhöht. Spätestens seit ihrem 2020er Album Enlightened in Eternity haben sie ihren eigenen Sound gefunden und gehören definitiv zu dem besten was der moderne Heavy Metal zu bieten hat. Auf Forge Your Future, dem ersten Release auf einem großen Label, präsentieren Garret und Co. nun drei neue Songs, die die gesamte Bandbreite der Band abdecken. Insbesondere die titelgebende erste Single Forge Your Future ist mit seinem stampfenden Rhythmus und den leichten Doom Metal Einflüssen á la Black Sabbath, einer der besten Heavy Metal Songs die ich das Jahr gehört habe.
10
Zum Abschluss ein paar weitere Alben, die ich diesen Monat mochte (SEHR viel Death and Black Metal, wenig Anderes – sorry!):
Wolves in the Throne Room – Primordial Arcana (Black Metal, VÖ: 20.08.)
Diskord – Degenarations (Dissonant Death Metal, VÖ: 13.08.)
Groza – The Redemptive End (Melodic Black Metal: VÖ: 13.08.)
Lingua Ignota – Sinner Get Ready (Avantgarde, VÖ: 06.08.)
Fetid Zombie – Transmutations (Death Metal, VÖ: 30.07.)
Tombstoner – Victims of Vile Torture (Death Metal, VÖ: 30.07.)